Eine kompakte Box, die sich auf Knopfdruck in acht Minuten zum Zuhause ausklappt? Was wie ein Zaubertrick klingt, ist Realität: Das britische Unternehmen Ten Fold Engineering hat das erste automatisch faltbare Haus auf den Markt gebracht – und damit eine neue Seite in der Erfolgsgeschichte des mobilen Hauses aufgeschlagen.
© Ten Fold Engineering Ltd.
Die ersten faltbaren Häuser für Flüchtlinge
Die Idee eines faltbaren Hauses ist im Grunde nichts Neues. So hat die IKEA Stiftung 2015 ein rund 17 Quadratmeter großes Falthaus für Flüchtlinge in Syrien entwickelt. Das Bausatzhaus aus Kunststoff ist mit solarbetriebenen LED-Leuchten und Handylademöglichkeiten ausgestattet, hat eine abschließbare Eingangstür und soll bis zu 3 Jahre halten. Studenten der TU Darmstadt in Hessen haben ein „Instant Home“ für Flüchtlinge entworfen – ein faltbares Haus aus 3 Zentimeter dicker Pappe. „Die Idee ist, relativ unkompliziert Hilfe vor Ort anbieten zu können“, sagt ihr Professor Ariel Auslender. „Am besten wäre es, wenn die Unterkunft einfach auftauchen würde.“
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Das „TF-64“: Quadratisch, praktisch, faltbar
Das war genau David Martyns Vorstellung vom idealen mobilen Haus. Der Ten Fold-Gründer und Architekt arbeitete sieben Jahre lang mit vier Ingenieuren an einem Haus, das sich auf Knopfdruck automatisch entfaltet. Im September wurde das voll funktionsfähige Basismodell vorgestellt. Das „TF-64“ entlädt sich als 9 Meter lange, 2,44 Meter breite und 2,98 Meter hohe Box von einem Lkw. Nach dem Ausklappen bietet das Haus 64 Quadratmeter Wohnfläche plus 30 Quadratmeter Stauraum.
© Ten Fold Engineering Ltd.
Der neue Star unter den faltbaren Häusern ist ein erstaunliches Low-Tech-Produkt. Seine Technik nutzt ein patentiertes Hebelsystem, das die Bauteile mit Hilfe von Zügen und Gegengewichten in die richtige Position bringt. Wird der Verriegelungsmechanismus gelöst, fahren zunächst die Säulen des Hauses aus und verstreben sich im Boden. Dann entfalten sich die Decke und die Bodenflächen, die Seitenteile des Hauses teleskopieren aus dem Boden heraus und die Wände klappen von innen nach außen auf. „Die Strukturen von Ten Fold arbeiten nicht mit Computern oder Netzwerken, sondern einfach mit Physik“, fasst Martyn zusammen.
© Ten Fold Engineering Ltd.
Freie Expansion in allen Bereichen
Das faltbare Haus kann mit Klappmöbeln, einer Küche, Sanitärbereichen, Treppen, Rampen und einer Terrasse ausgestattet werden. Anschlüsse für Strom, Wasser und Abwasser sind vorhanden. Energieautarke Abenteurer können Wassertanks, Sonnenkollektoren und eine Komposttoilette installieren. Der Grundriss ist flexibel, sogar Farben, Materialien und die Position der Fenster und Türen können individuell gewählt werden. „Engineering new freedoms“ lautet der Slogan von Ten Fold, und das „TF-64“ macht ihm alle Ehre.
© Ten Fold Engineering Ltd
Die Einsatzmöglichkeiten des „TF-64“ gehen dagegen weit über das möblierte Wohnen hinaus. Als Prototyp des modularen Bauens kann es auch horizontal gestapelt oder zusammengefügt werden. Aus dem Basismodell lassen sich laut Ten Fold Ferienanlagen, Wachstationen, Schulen, Wohnheime und sogar Hotels bauen. Im Katastrophenfall kann das mobile Multitalent als Krankenhaus, Erste-Hilfe-Station oder Notunterkunft genutzt werden. Bis Ende 2018 soll das Pop-up-Haus weltweit verfügbar sein, in den USA und Europa sogar schon früher. Dann kann eine neue Freiheit vom mobilen, ungebundenen Wohnen auf Knopfdruck wirklich beginnen.