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Historische PerspektiveHumaner Speichel und Modellspeichel in der Bulk- bis zur adsorbierten Phase – Ähnlichkeiten und Unterschiede

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Der menschliche Speichel, eine scheinbar einfache wässrige Flüssigkeit, ist in Wirklichkeit ein außerordentlich komplexes Biokolloid, das trotz jahrzehntelanger Untersuchungen nicht vollständig verstanden ist. Es wird allgemein angenommen, dass die Speichelschmierung ein Merkmal für eine gute Mundgesundheit ist und auch für das Sprechen, die orale Nahrungsverarbeitung und das Schlucken entscheidend ist. Allerdings wurde Speichel in der Lebensmittelkolloid-Forschung oft vernachlässigt, vor allem aufgrund seiner hohen intra- bis interindividuellen Variabilität und der sich ändernden Materialeigenschaften bei der Sammlung und Lagerung, wenn er als Ex-vivo-Forschungsmaterial verwendet wird. In den letzten Jahrzehnten haben Kolloidwissenschaftler versucht, Modellformulierungen (d.h. „speichelähnliche Flüssigkeiten“) zu entwerfen, um die Wechselwirkungen zwischen Speichel und Lebensmittelkolloiden in einem In-vitro-Setup und ihren Beitrag zu mikrostrukturellen Aspekten, Schmiereigenschaften und sensorischer Wahrnehmung zu verstehen. In diesem Review untersuchen wir kritisch den aktuellen Wissensstand über die Volumen- und Grenzflächeneigenschaften von Modellspeichel im Vergleich zu echtem menschlichen Speichel und zeigen auf, inwieweit solche Modellspeichelformulierungen den Eigenschaften von echtem menschlichen Speichel entsprechen können. Viele, wenn nicht sogar die meisten dieser Modellspeichelformulierungen haben Ähnlichkeiten mit dem echten menschlichen Speichel in Bezug auf die biochemische Zusammensetzung, einschließlich der Elektrolyte, des pH-Werts und der Konzentrationen von Speichelproteinen, wie α-Amylase und hochglykosylierten Muzinen. Dies, zusammen mit den Ähnlichkeiten zwischen Modell- und realem Speichel in Bezug auf die Oberflächenladung, hat zu bedeutenden Fortschritten bei der Entschlüsselung verschiedener kolloidaler Wechselwirkungen (Brückenbildung, Verarmung) von geladenen Emulsionströpfchen und der damit verbundenen sensorischen Wahrnehmung in der oralen Phase geführt. Allerdings unterscheidet sich der Modellspeichel in Bezug auf die Schmiereigenschaften erheblich vom realen Speichel. Basierend auf einer eingehenden Untersuchung der Eigenschaften von Muzinen, die aus tierischen Quellen stammen (z. B. Schweinemagenmuzine (PGM) oder Rindersubmaxillarmuzin (BSM)), können wir empfehlen, dass BSM derzeit die optimalste kommerziell erhältliche Muzinquelle ist, wenn man versucht, Speichel auf der Basis von Oberflächenadsorptions- und Gleiteigenschaften zu replizieren. Auch wenn die Reinigung mittels Dialyse oder chromatographischer Verfahren verschiedene physikochemische Eigenschaften von BSM, wie z. B. Struktur und Oberflächenadsorption, beeinflussen kann, sind die Gleiteigenschaften von Modellspeichelformulierungen auf Basis von BSM im Allgemeinen besser und zuverlässiger als das PGM-Pendant bei oral relevantem pH-Wert. Der Vergleich von mucinhaltigem Modellspeichel mit ex vivo konditionierten Filmen aus menschlichem Speichel deutet darauf hin, dass Mucin allein die Gleitfähigkeit der echten menschlichen Speichelpellikel nicht replizieren kann. Mucin-basierte Multischichten, die Mucin und entgegengesetzt geladene Polyelektrolyte enthalten, könnten in Zukunft vielversprechende Möglichkeiten für die Entwicklung biomimetischer Speichelpellikel bieten, allerdings wurde dies bisher nicht in oralen Tribologieexperimenten untersucht. Daher besteht ein großer Bedarf an systematischen Studien unter Verwendung von Modellspeichelformulierungen, die Muzine mit und ohne polykationische Zusätze enthalten, bevor ein Konsens über eine standardisierte Modellspeichelformulierung erreicht werden kann. Insgesamt bietet diese Übersichtsarbeit den ersten umfassenden Rahmen zur Simulation von Speichel für eine bestimmte Bulk- oder Oberflächeneigenschaft bei der Durchführung von Experimenten zur oralen Verarbeitung von Lebensmitteln.

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